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SUBSTRATE

Bodenkunde für Karnivoren

 

Spätestens wenn man zum ersten Mal seine Pflanzen umtopfen will, sollte man sich Gedanken darüber machen, worin denn Karnivoren eigentlich wachsen wollen. Gerade bei der Substratwahl von bestimmten Arten und Gattungen hört man oftmals zwölf verschiedene Meinungen, wenn man zehn verschiedene Züchter fragt. Meine speziellen Tipps  (oho!) finden sich unter den Artenbeschreibungen, hier will ich auf verschiedene Substrate eingehen, die ich bisher ausprobiert habe oder die ich erwähnenswert finde...

"Karnivoren-Spezialerde" :
Stammt von der Karnivorengärtnerei Carow&Wrono und sieht man oft in Baumärkten mit etwas größerem Angebot an fleischfressenden Pflanzen. Das Substrat enthält (wahrscheinlich) im Wesentlichen Weißtorf, etwas Perlite und angeblich auch "Kompost" aus Karnivoren. Ich habe diese Erde ebenfalls eine zeitlang verwendet und für Anfänger hat sie den Vorteil, dass sie für viele einfache Arten geeignet ist und dass man eine handliche Menge bekommt. Nachteile sind erstens mal der hohe Preis von rund 2DM pro Liter Substrat und dass die Erde zumindest bei mir nach einigen Monaten Staunässe zum Gammeln und Stinken beginnt. Für den Anfang empfehlenswert, später mischt man sich sein Zeug billiger und auch besser selber.

Weißtorf :
Grundsubstanz fast aller Karnivorensubstrate. Bisher gibt es leider kaum brauchbare Alternativen. Da die meisten Karnivoren ein nährstoffarmes und sehr saures Substrat brauchen ist Weißtorf dafür eben optimal geeignet. Wer Weißtorf hingegen unter seine Tomaten streut oder seinen Rasen darauf ansät, oder ihn sonst wie im Garten verwendet, wo man eigentlich nährstoffreiche und PH-neutrale Substrate will, sollte meiner Meinung nach schnellsten umdenken! Es kann doch nicht sein, dass der klägliche Rest der verbliebenen Hochmoore unter Koniferen und kurzgeschorenen Rasenflächen verschwindet, aufgekalkt und mit Guano vermischt (der "natürliche Dünger" Guano ist ein Thema für sich).
Im "normalen" Garten sind Rindensubstrate und Kompost wesentlich besser geeignet und das dürfte die paar Mark mehr durchaus wert sein. Für Karnivoren gibt es bisher allerdings keine Alternativen und auch die Mengen, die benötigt werden, halten sich sehr in Grenzen. Weißtorf ist bräunlich, hat einen PH-Wert von 3-4 und hat einen großen Anteil an recht grobe Fasern. 
Er besteht im Wesentlichen aus abgestorbenem und nur schwach zersetztem Sphagnum Moos und Seggen. Man muss UNBEDINGT darauf achten, ungedüngten Torf zu kaufen, dieser wird ironischerweise oft als "Düngetorf" bezeichnet. Auch als "Kleintierstreu" habe ich ihn schon gekauft. 
Ein 100 Liter Sack kostet im Baumarkt rund 10DM und reicht selbst bei mir sehr lange. Meiner Meinung nach sollte Torf mindestens fünfmal so teuer angeboten werden. Dann müssten die Leute endlich Alternativen verwenden, dort wo es reichlich Alternativen gibt. Und den Karnivorenzüchtern würden die paar Mark mehr sicherlich nicht wehtun.
Weißtorf sorgt für den benötigten niedrigen PH-Wert (saures Substrat), speichert lange Wasser und ist relativ luftdurchlässig und strukturstabil. Des weiteren ist er sehr nährstoffarm. Einmal ausgetrocknet nimmt er nur äußerst schwierig wieder Wasser auf.

Schwarztorf :
Stärker zersetzt als Weißtorf, sehr dunkel, wenig grobe Fasern, PH-Wert bei 5-6. Verdichtet sich sehr schnell, was zu Luftabschluss und Schimmelbildung führt. Auch wenn wenige Arten darin ganz passabel gedeihen ist er auf gar keinen Fall empfehlenswert. Sehr viele Pflanzen wachsen nur äußerst kümmerlich darin.

Sand :
Sand dient der Auflockerung des Substrats, ist sehr strukturstabil und nimmt auch ausgetrocknet sehr schnell wieder Wasser auf. Er ist ein schlechter Wasserspeicher. Für Karnivoren unbedingt kalkfreien und sauberen Sand verwenden, ich benütze ausschließlich Quarzsand aus dem Baumarkt. Nur der grobe Quarzsand sorgt allerdings für ein lockeres und luftiges Substrat, daher nur Quarzsand mit Körnung um 1mm rum kaufen. (bei meiner momentanen Sorte sind es 0,7mm-1,5mm). Das Substrat bei Zwiebeldrosera besteht zu rund 70% aus Quarzsand. In Mischungen aus Weißtorf und Quarzsand lassen sich über 2/3 aller Karnivoren sehr gut kultivieren und vom Rest noch ein Großteil recht brauchbar. Für Roridula, Drosophyllum, teilweise Heliamphora und einige Nepenthes verwende ich noch grobkörnigeren Sand mit ca. 2,5mm Körnung.

Perlite :
Stark erhitztes, poröses weißes "Gestein". Lässt sich leicht mit der Hand zerbröseln. PH-neutral und gibt außerdem keinerlei Nährstoffe ab. Kann sehr gut Wasser speichern. In erster Linie verwendet man es dort, wo man sehr lockere Substrate bevorzugt.
Auch die weißen Kügelchen in hochwertigen Blumenerden sind oftmals aus Perlite. Unbedingt darauf achten, dass man kein verschmutztes Zeug erwischt, das z.B. als Isoliermaterial verkauft wird. Pflanzentaugliches und somit schadstofffreies Perlite findet sich u.a. unter der Bezeichnung AgriPerl im Handel. Die Körnigkeit richtet sich nach der Pflanzenart, ich verwende Perlite hauptsächlich in Mischungen für Nepenthes, tropische Drosera, Darlingtonia und insbesondere für Heliamphora.
Nachtrag: Mittlerweile ist Perlite unter Verdacht geraten, nach längerer Zeit in sauerem Milieu schädliche Stoffe abzugeben. Ich habe diesbezüglich noch nichts feststellen können, verzichte aber mittlerweile vorsichtshalber auf den Einsatz von Perlite bei den Nepenthes.

Vermiculite :
Ebenfalls ein erhitztes Gestein, bräunlich glänzend und schieferartig im Aussehen. Eigenschaften wie Perlite, nur dass es Mineralstoffe, z.B Magnesium abgibt. Ich mische es manchmal unter Nepenthes [Nachtrag : Nicht empfehlenswert!], Drosophyllum und Pinguicula. Auch einige Drosera reagieren gut auf einen sehr kleinen Anteil (1-3%) an Vermiculite im Substrat.

Blähton :
Dient meist als Drainageschicht in Terrarien. Man kann es aber auch zum Mischen grober Substrate verwenden, in erster Linie für Nepenthes, aber auch für Darlingtonia, Nepenthes und evtl. Drosophyllum. Mit dem Markenprodukt Seramis habe ich bisher auch recht passable Erfahrungen gemacht, auch wenn es manchmal heißt, dass dieses schädliche Salze abgeben soll. Es löst sich allerdings im Gegensatz zum gebrannten Blähton nach einigen Monaten oder Jahren auf.

Sphagnum-Moos :
Findet man als Substratempfehlung noch in vielen alten Büchern, ist aber eher heikel, da es kleinwüchsige Pflanzen leicht überwächst und nach einiger Zeit gerne von innen her verschimmelt. Vor kurzem habe ich einige Drosera schizandra Stecklinge in "gekochtes" Sphagnum (Mikrowelle !) gesetzt, mal schauen.... Als Substrat empfehlenswert für die einheimischen Drosera, als dekorative Substartabdeckung gut geeignet für Hochlandnepenthes, Darlingtona (hält deren Wurzeln kühl) und Heliamphora. Meine Nepenthes aristolochioides bevorzugt reines Sphagnum als Substrat.
Sphagnum ist geschützt und darf/sollte nicht ausgegraben werden. Unter guten Bedingungen (hell und immer feucht) kann man es sich relativ schnell selber nachzüchten. Aus Sphagnum-Moos entsthen die Hochmoore und somit im laufe von Jahrhunderten auch der Torf. Man schätzt, dass eine Torfschicht in unseren Breiten um ca. 1mm pro Jahr "wächst".
[Nachtrag: Mittlerweile kultiviere ich fast alle meine Nepenthes in Sphagnum mit deutlichem besserem Erfolg. Pflanzen in reinem Sphagnum, die nicht selber genügend Insekten fangen können (Terrarium) sollten leicht gedüngt werden, da dieses Substrat extrem nährstoffarm ist.]

Sonstiges :
Gerade bei Nepenthes geistern die wildesten Empfehlungen herum, so z.B. Rindenstücke, Holzkohle, Kokusfasern, usw... Hauptsache nährstoffarm und luftig. Ich habe mir bisher noch nicht die Mühe gemacht, solche Substrate auszuprobieren. Für einen Großteil meiner Nepenthes verwende ich allerdings etwas vorgemischte (und leider leicht vorgedüngte) Orchideenerde. Diese enthält wohl auch einen großen Anteil solcher grober Substanzen und ist im Baumarkt relativ leicht erhältlich. [Anmerkung : Orchideenerde scheint für die empfindlicheren Arten doch nicht gut geeignet zu sein, dann doch lieber auf eigene Mischungen zurückgreifen !]

Fazit: Wer sich ein paar Pflanzen aus dem Baumarkt geholt hat macht mit der Spezialerde sicherlich wenig verkehrt. Ich hatte früher sogar schon Roridula gorgonias, Drosera regia und Nepenthes maxima darin kultiviert. Wem das irgendwann zu teuer wird, und wer sich "komplizierteren Arten" zuwenden will, sollte sich lieber die Einzelsubstanzen kaufen. Jeder entdeckt nach einiger Zeit "seine Mischung" und dabei kann man dann auch bleiben, wenn die Pflanzen darin gut wachsen.

Wie sehr sich die Meinungen oft auch nachträglich ändern merkt man auch bei mir an den zahlreichen "Nachträgen" hier.


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www.goetzpflanzenzubehoer.de: Unter diesem Link findet man sehr viele Substrate und auch sonstiges Zubehör zu angemessenen Preisen und man kann sich auch einige Bilder anschauen.
www.botanik.univie.ac.at/pershome/temsch: Hier gibt es viele Informationen zum Sphagnum-Moos.

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Copyright (c) 2001-2002 Martin Reiner - letzte Aktualisierung 09.12.2002