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HELIAMPHORAdie Sumpfkrüge
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Im Norden Südamerikas, über den dampfig-heißen Urwäldern Brasiliens und Venezuelas erheben sich aus dem grünen Dschungel bizarre Felsformationen mehrere hundert, teils über tausend Meter hoch senkrecht in den Himmel. Diese, vor vielen Millionen von Jahren durch Erosion entstandenen Tafelberge aus Sandstein werden von den einheimischen Indianern "Tepui" genannt, was soviel wie "Häuser der Götter" bedeutet. Die Tepuis zählen zu abgeschiedensten Orten auf diesem Planeten und sie waren bis zur Erfindung des Hubschraubers zum Großteil nur unter enormen Strapazen oder gar nicht erreichbar. So kannte man in Brasilien bis 1953 noch nicht einmal den höchsten Berg des Landes, der gleichzeitig auch noch der höchste Berg Südamerikas außerhalb der Anden ist. So verborgen liegt der 3014m hohe Cerro de la Neblina. Der Salto Angel, der höchste Wasserfall der Welt, stürzt vom Auyan Tepui so tief hinab, dass seine Wassermassen auf dem Weg nach unten zu einer feinen und nahezu lautlos rieselnden Gischt zerstäuben. Wer es bis hinauf auf die Ebenen eines dieser einsamen stehenden Berge geschafft hat, wird von der grellen tropischen Sonne geblendet, dennoch ist es aufgrund der großen Höhe ziemlich kühl. Sobald die Sonne untergeht, sind die Berge in eine Mischung aus Wolken und Nebel gehüllt, gewaltige Schauer, begleitet von Blitz und Donner und oftmals starken Stürmen peitschen über die Felsen und spülen die kärglichen Reste an Substrat und Nährstoffen fort, welche gurgelnd und rauschend über die Felskanten in die Tiefe stürzen. Die Temperatur sinkt manchmal bis unter den Gefrierpunkt, bis sich morgens über den Nebeln erneut die Sonne erhebt... Dies ist das Reich der Heliamphora...
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Als erste Gattung dieser Art wurde Heliamphora
nutans im Jahre 1840 von Georg Bentham beschrieben. Gesammelt wurde das
Pflanzenmaterial vom deutschen Naturforscher Robert Schomburgk. Der Name
Heliamphora setzt sich aus dem griechischen Wort "helos" für Sumpf und "amphora"
für Krug zusammen. Durch eine Verwechslung mit "helios", griechisch für
Sonne hat sich im englischen Sprachraum der Name sunpitcher eingebürgert.
Auch bei uns liest man bisweilen noch von den Sonnenamphoren, wenngleich
auch Sumpfkrug die korrekte Übersetzung des Gattungsnamen wäre. |
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Über 100 Jahre vergingen, bis dann die zweite Art entdeckt wurde. Momentan befinden wir uns in einer Phase mit größerem Interesse an der Gattung und zahlreichen Expeditionen zu den abgelegeneren Tafelbergen via Hubschrauber, so dass derzeit im Jahresrhythmus neue Arten beschrieben werden. In vielen Fällen handelt es sich dabei aber auch um Arten, die schon längst in Kultur sind, nur bisher unter anderen Namen. Bis jetzt (Stand Oktober 2006) sind es meines Wissens 12 Heliamphora Arten, die beschrieben wurden. Die Gattung der Heliamphora gehört zur Familie der Sarraceniaceae, die sie sich mit den nordamerikanischen Geschwistern der Gattungen Sarracenia und Darlingtonia teilt.
Die Pflanzen selbst besitzen einige wenige Wurzeln, ein
relativ kräftiges Rhizom, dem dann die Becherförmigen Blättern entspringen.
Junge Pflanzen bilden dabei noch nicht die charakteristischen kelchartigen
Fangtrichter aus, sondern Jugendblätter, die an kleine Schlauchpflanzen
erinnern.
Die adulten Blätter besitzen im Regelfall ein kleines
Deckelchen, welches Nektar ausscheidet und Fluginsekten anlocken soll.
Darunter befindet sich eine Gleitzone (je nach Art behaart oder glatt), dann
folgt die mit Wasser gefüllte Verdauungszone, die mit nach unten gerichteten
Borsten umgeben ist. In der Blattspreite befindet sich meist auf ca. 2/3
Höhe eine kleine Öffnung, die als Überlauf dient, damit die Krüge nicht
durch die zahlreichen Niederschläge überflutet werden.
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___ KULTUR
"...Heliamphora-Pflanzen sind sehr schwer zu kultivieren und sollten nur von erfahrenen Hobbyisten erworben werden..." (Guido Braem) Durch die Fachliteratur wird man nicht gerade ermuntert, sich mit der Kultur von Heliamphora zu versuchen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den Pflanzen das richtige Klima zu bieten. Konkret bedeutet dies ganzjährig sehr viel Licht, ganzjährig warme Tagestemperaturen, ganzjährig relativ kühle Nachttemperaturen, ein saures nährstoffarmes Substrat und ganzjährig eine hohe Luftfeuchtigkeit. Sind die Grundbedürfnisse gedeckt, dann verzeihen die Pflanzen schon mal den ein oder anderen Fehler, sie sind an sich recht robust. So überleben abgehärtete Pflanzen in Gewächshäusern auch mal kurzzeitig Temperaturen von über 35°C, Heliamphora übersteht mit etwas Glück leichten Frost, auch ein Aufenthalt an einem luftfeuchten Standort im Sommer im Freien ist für robuste Arten möglich. Manche Leute haben sogar Erfolg mit der Kultur am geeigneten Fensterbrett. Für ideal erachte ich aber die Kultur in einem hellen Gewächshaus oder in einem künstlich beleuchteten Terrarium. Dabei sollte die Intensität der Beleuchtung über 10.000 lux liegen, ab 20.000 lux ist dann mit schön ausgefärbten Pflanzen zu rechnen, tiefrot gefärbte Pflanzen mit großen Deckeln wie an sonnigen Plätzen am Naturstandort benötigen sogar noch mehr Licht. Bekommen Heliamphora Pflanzen nur ungenügend Licht, so lässt zuerst die Ausfärbung der Schläuche nach, als nächstes verkleinern sich die Deckel und schlussendlich verändert sich die Form der Schläuche, indem sie sich "aufrollen" und nach oben hin stark verbreitern. Dies sind klare Anzeichen für Lichtmangel, solche Pflanzen sind dann auch anfällig. Bei den Temperaturen erscheinen mir ganzjährig 20-25°C tagsüber und 10-15°C nachts gut geeignet zu sein, wobei hier auch die Meinungen variieren, wo die Grenze zwischen "zuviel zum sterben" und "guter Kultur" zu ziehen sein. Auf alle Fälle sind die extrem niedrigen Nachttemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt bei manchen Arten in der Kultur nicht notwendig, eine gewisse Temperaturabsenkung um mindestens 5°, besser 10°C unter der Tagestemperatur erscheint aber sehr sinnvoll zu sein. Wer im Sommer mehrere Wochen mit Temperaturen über 20°C hat sollte sich Gedanken über die Kühlung machen. Die Tagestemperaturen sind in der Regel bei der Terrariumkultur kein Problem, da man aufgrund des hohen Bedarfs an (Kunst-)Licht auch dementsprechend viel Wärme ins Terrarium bekommt. Bei weitgehend abgedichteten Terrarien kann es am ehesten zu einer Überhitzung kommen, die Lampen sollten dann besser außen angebracht werden. Die Luftfeuchtigkeit sollte um die 70% liegen, wobei aber ein recht weiter Bereich toleriert wird. Vorsicht aber mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit bei zu hohen Nachttemperaturen. Heliamphora mag im Gegensatz zu dem meisten Karnivoren gerne übersprüht bzw. von oben gewässert werden, in den (adulten) Schläuchen sollte auch stets Wasser stehen. Beim Substrat verwende ich mittlerweile überwiegend reinen Weißtorf, aber Gemische aus Torf und Perlite, sowie totes oder lebendes Sphagnum Moos funktionieren ebenso. Lebendes Sphagnum Moos ist etwas kritisch in Verbindung mit Anstaubewässerung, da es dann evtl. faulen kann. Moos als Abdeckung wächst kleinere Heliamphora schnell zu und sollte regelmäßig zurück geschnitten werden. Heliamphora kann in Anstaubewässerung gehalten werden, ich lasse bei meinen mittlerweile das Wasser abtropfen, genau wie bei den Nepenthes. Bei den Schädlingen habe ich vor allem unliebsame Erfahrungen mit Schildläusen gemacht, bisher sind meine Heliamphora mit den Spritzmitteln gut zurecht gekommen. Problematischer sind meist Pilze, die bei schlechten Temperaturbedingungen die Pflanzen sehr schnell töten. Meist bemerkt man das, wenn es eh zu spät ist. Am besten garnicht erst probieren, Heliamphora bei wenig Licht im dauerwarmen Terrarium halten zu wollen. Pflanzen in guten Kulturbedingungen reagieren gut auf Dünger, ein Tropfen fettarme Milch in einen Krug oder eine verdünnte Blattdüngung (z.B. Tillandsiendünger) wirkt gut, aber man sollte es nicht übertreiben und nur Pflanzen düngen, die gut wachsen. Die Hybriden wie z.B. Heliamphora minor x heterodoxa oder Heliamphora heterodoxa x ionasii gelten als besonders wüchsig und robust. Zum Einstieg sind daher besonders diese zu empfehlen. Die reinen Arten sind anspruchsvoller und wachsen auch recht langsam. ___ |
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VERMEHRUNG
Heliamphora Blüten sind vorweiblich, d.h. der Stempel der Blüte ist dann aufnahmefähig, wenn die Blüte noch geschlossen oder gerade erst offen ist. Der Pollen hingegen wird erst dann reif, wenn eine Blüte bereits einige Tage geöffnet ist. Man muss also diesen Pollen per Hand auf die Stempel der noch jungfräulichen Blüten übertragen. Ich breche dazu die Staubgefäße ab und tupfe dann damit herum. Samen werden meiner Erfahrung nach nur bei sehr hellem Licht und auch nicht bei allen Arten angesetzt. Die Aussaat gilt als ausgesprochen langwierig, da die kleinen Sämlinge nur sehr langsam wachsen. Ein paar Jahre Geduld sollte man also schon mitbringen. Weitaus verbreiteter ist das Zerteilen größerer Horste, ähnlich wie bei den Sarracenien. Ich selbst wasche dazu vorsichtig einen Großteil des Substrates ab, such mir eine günstige Stelle und breche das Rhizom dann dort per Hand auseinander. Dabei sollte man vorsichtig zu Werke gehen, denn zum einen haben Heliamphora nur wenige Wurzeln und diese sind zu allem Überfluss auch noch erstaunlich lang und recht brüchig. Bisweilen wird man dann Bruchstücke in der Hand halten, die man eigentlich gar nicht haben wollte und mit etwas Pech fehlt dann auch noch eine dazugehörige Wurzel. Sofern ein Stück des Rhizoms vorhanden ist kann man solche Bruchstücke aber ebenfalls einpflanzen, meist wurzeln sie an. Ich achte darauf, dass bei solchen Stecklingen stets etwas Wasser in den Schläuchen steht und fülle zu diesem Zweck auch juvenile Schläuche mit einer Spritze auf, falls keine adulten Kelche vorhanden sind. Blattstecklinge oder Wurzelstecklinge funktionieren meines Wissens nicht. Wer (seltene) Heliamphora kauft wird meist junge Pflanzen bekommen, die in vitro gezüchtet wurden.
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EIGENE ERFAHRUNGEN
An die Sumpfkrüge habe ich mich erst relativ spät heran gewagt, daher war
mein Hochland-Terrarium schon vorhanden, als ich meine ersten Experimente
mit der Gattung gemacht habe. Für mich war die Kultur nie besonders
kompliziert oder schwierig, einzig der Sommer 2005 brachte mir einige
Verluste, da mein Terrarium dort wochenlang Nachttemperaturen um und über
20° hatte, dazu eine hohe Luftfeuchtigkeit und einige Pflanzen haben sich
Pilze eingefangen und sind verfault. Eine Heliamphora neblinea "red"
ist mir mal unmittelbar nach Erhalt kaputt eingegangen, warum auch immer.
Auch bei diversen Experimenten habe ich das ein oder andere Pflänzchen
gekillt, eine längerfristige Kultur direkt auf der Fensterbank funktioniert
zumindest bei mir nicht so gut, auch mögen meine Heliamphora das
(unschattierte) Gewächshaus im Hochsommer nicht so gerne, wie ich dachte. Eine meiner Lieblingsgattungen, leider(?) kann ich mit dem ganzen Angebot an "neuen" Arten nicht mehr Schritt halten und muss mich da auf eine gewisse Auswahl beschränken. Wenn ich so in mein Terrarium und in meinen Geldbeutel schaue ist dummerweise das falsche davon leer ;-) ___ |
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Weiter zum Teil II: Heliamphora, die Arten ___ |
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Uwe George (1993), Inseln in der Zeit Adrian Slack (1985), Karnivoren Barthlott et al (2004), Fleischfressende Pflanzen Nerz, Wistuba (2006) Heliamphora exappendiculata, a clearly new species, CPN 35/2 Joachim Nerz (2004) Heliamphora elongata, a new species from Ilu Tepui, CPN 33/4 Wistuba et al (2002) Heliamphora chimantensis, a new species of Heliamphora (Sarraceniaceae) from the 'Macizo de Chimanta' in the south of Venezuela Carow et al (2005) Heliamphora sarracenioides, an new species of Heliamphora (Sarraceniaceae) from Venezuela, CPN 34/1 Nerz et al. (2006) Heliamphora glabra (Sarraceniaceae), eine eindrucksvolle Heliamphora Art aus dem westlichen Teil des Guayana Schildes, das Taublatt 54 Wistuba et al. (2005) Heliamphora pulchella, eine neue mit Heliamphora minor verwandte Art aus der Chimanta Region in Venezuela, das Taublatt 53
Andreas Wistuba (2002) Heliamphora neblinea und Heliamphora
hispida, zwei schöne Heliamphora Arten vom Cerro Neblina http://www.heliamphora.de (englisch) Internetshop von Andreas Wistuba mit vielen Heliamphora Bildern vom Naturstandort http://www.joachim-nerz.de (englisch) schöne Bilder vom Naturstandort http://www.heliamphora.de.vu (deutsch)
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