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ALDROVANDA VESICULOSA

die Wasserfalle

 

 

Die erste der karnivoren Pflanzengattungen im Alphabet ist gleich eine der sonderbarsten überhaupt. Aldrovanda vesiculosa, die Gattung umfasst nur diese einzige Art, ist über einen Grossteil der "alten Welt" verbreitet und kommt sowohl in den Tropen als auch in gemäßigten Breiten vor. In Deutschland war Aldrovanda lange Zeit beheimatet, galt dann allerdings ab 1986 als verschollene Art. 
Mittlerweile scheint sie in einigen Gegenden wieder angesiedelt(?) worden zu sein, so schreiben Barthlott et. al von Standorten in Brandenburg und Worms. Die Art ist bei uns streng geschützt.
Auch in den anderen europäischen Ländern und Japan steht die Art kurz vor dem Aussterben oder ist es möglicherweise bereits.

 

Blattquirle von Aldrovanda vesiculosa

Die Wasserfalle, so der deutsche Name, ist eine wurzellose Wasserpflanze, die in flachen, sich im Sommer schnell erwärmenden Pfützen bzw. sehr langsam fließenden Gewässern knapp unterhalb der Wasseroberfläche treibt. Kein Wunder, dass die Pflanze verschwindet, denn solche Kleingewässer werden in unserer Kulturlandschaft zunehmend rarer. In Indien wurden Aldrovanda angeblich auch in überfluteten Reisfeldern vorgefunden.

Eine Aldrovanda Pflanze wird im Laufe der Wachstumsphase ca. 20-25cm lang und wächst an der Spitze weiter, während der Spross von hinten abstirbt. Es kommt regelmäßig zu Verzweigungen, wodurch sich die Pflanzen dann auch teilen.
Entlang des Sprosses stehen die Blattquirle in ca. 1-2cm Abstand zueinander. Diese tragen jeweils 5-9 Klappfallen von ca. 5mm Größe.
Ähnlich wie bei der nahe verwandten Venusfliegenfalle Dionaea muscipula haben die Aldrovanda Fallen auf der Innenseite zahlreiche Fühlborsten, die bei Kontakt dazu führen, dass sich die Falle schnell schließt. Auf diese Weise werden kleine Wasserorganismen bis hin zur Größe von Mückenlarven und kleinen Schnecken gefangen. 
Neben der berühmten Venusfliegenfalle ist Aldrovanda die einzige fleischfressende Pflanze mit einer Klappfalle.

 

 Bildung eines Turions bei Aldrovanda vesiculosa

Aldrovanda Pflanzen aus gemäßigten Klimazonen stellen im Winter das Wachstum ein und bilden an der Spitze eine Überwinterungsknospe, sogenannte Turionen. Nachdem die Pflanze im Herbst dann komplett abgestorben ist sinken diese Turionen auf den Grund des Gewässers, wo sie den Winter überdauern. Im Frühjahr dann treiben aus diesen dann wieder neue Pflanzen aus. Aldrovanda aus tropischen Gebieten wachsen das ganze Jahr über kontinuierlich.

Aldrovanda blüht selten und vermutlich nur, wenn sich das Wasser im Sommer ausreichend stark erwärmen kann. Die Blüten sind ca. 7-8mm groß und bestehen aus fünf Kelchblätteren, fünf weißen Kronblättern, fünf Staubblättern  und einem aus fünf Fruchtblättern bestehenden Fruchtknoten. Die Samenkapsel reift unter Wasser heran.

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KULTUR

Art:

Aldrovanda vesiculosa

Verbreitung:

Europa, Afrika, Australien und Asien

Temperatur:

Gemäßigte und tropische Formen

Licht:

Heller und sonniger Standort am Fensterbrett. Im Gewächshaus halbschattig.

Substrat:

Mischung aus Torf, Lehm, Tonscherben und verrottenden Binsen. 

Wasser:

Aquatisch. Die Turionen vertragen auch kurzzeitigen(?) Aufenthalt außerhalb des Wassers.

Vermehrung:

Pflanzen teilen sich unter günstigen Bedingungen von selbst. Vermehrung aus Samen möglich aber sehr selten.

Düngen:

Pflanzen benötigen ausreichend Kohlendioxid und bestimmte Mineralstoffe, ansonsten ist eine erfolgreiche Kultur nahezu unmöglich.

Schädlinge:

Übermäßig starker Algenbewuchs. Abfischen hilft.

Krankheiten:

Mineralstoffmangel führt zu verkrüppeltem Wuchs und dem Verlust der Pflanzen.

 

Die langfristige Kultur von Aldrovanda vesiculosa galt viele Jahre lang als sehr schwierig bzw. sogar unmöglich. Mittlerweile hat man die Anforderungen, die diese Art stellt viel besser erkannt, so dass eine Kultur auch ohne großen Aufwand sogar am Fensterbrett möglich ist.

Aquarium am Südfensterbrett in meinem Zimmer

Da es sich um eine aquatisch wachsende Art handelt wird man um die Einrichtung eines Aquariums nicht herum kommen. Empfehlenswert sind solche ab ca. 10l Fassungsvermögen, kleiner Gefäße bis hin zu Gläsern eignen sich im Notfall auch. 
Auf den Grund des zu verwendenden Behälters gibt man ca. 1-2cm dick abgeschnittene Stängel von Binsen, ich verwende dazu Juncus effusus, die Flatterbinse, welche in meinem Moorbeet in rauen Mengen wächst. Es wurden auch schon erfolgreiche Versuche mit gänzlich anderem Pflanzenmaterial durchgeführt. Beim verrotten dieser Pflanzenmasse werden Kohlendioxid (C02) und einige weitere Bestandteile an das Wasser abgegeben, welche Aldrovanda zum erfolgreichen Gedeihen braucht.
Darüber kommt eine Schicht aus Weißtorf und etwas Lehm sowie einige zerschlagene Tonscherben. Der Torf sorgt für einen leicht säuerlichen pH-Wert um ca. 6, Lehm und Tonscherben geben Bor und andere Mineralstoffe ab, die die Wasserfalle zum Wachsen dringend benötigt.
Schlussendlich dann eine feine Schicht Sand, was das Aufschwemmen des Torfes und der Binsen verhindert. 

 Lymnaea stagnalis

In dieses Substrat setze ich einige lebende Flatterbinsen, welche überschüssige Nährstoffe aus dem Wasser aufnehmen können. Fehlen diese Begleitpflanzen so kann es bei ausreichendem Licht und Nährstoffüberschuss zu massiver Algenbildung kommen.
Zur Algenbekämpfung kann man weiterhin einige große Schlammschnecken (Lymnaea stagnalis) verwenden, welche sich ausschließlich von den Algen ernähren. Die kleinen Jungtiere können Aldrovanda auch als Futter dienen. Wichtig für die Schnecken ist ein pH-Wert der nicht zu sauer ist, da sich sonst deren kalkhaltigen Gehäuse auflösen.

Das Aquarium füllt man schließlich vorsichtig mit Regenwasser auf und lässt es einige Tage stehen, bis sich ein biologisches Gleichgewicht eingestellt hat. Mikroorganismen, Wasserflöhe, Mückenlarven und ähnliches finden sich meist von selbst ein und dienen Aldrovanda als Nahrung.
Ein Wasserstand von 10-15cm ist ok, starke Abweichungen davon aber auch nicht sonderlich tragisch. Das Wasser sollte klar sein und eine leicht bräunliche Trübung aufweisen, welche von den Huminstoffen aus dem Torf und den vermodernden Pflanzenresten stammt.

Hat man das Becken soweit vorbereitet kann man Aldrovanda einsetzen und muss ca. ein Jahr lang nichts weiter machen als gelegentlich Wasser nachfüllen. Einmal im Jahr, bevorzugt im Frühjahr oder Winter sollte man das Aquarium neu befüllen, da ansonsten die Binsen und der Schneckenkot überhand nehmen.

Als Standort empfiehlt sich ein Ost- oder Südfenster oder ein etwas beschatteter Standort im Kalthaus.

Bei dem temperierten Klon aus Japan, den ich kultiviere reichen die kürzer werdenden Tage im Herbst sowie eine Überwinterungstemperatur von 15°C aus, damit die Pflanzen zuverlässig Turionen bilden.

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VERMEHRUNG

Blüte von Aldrovanda vesiculosa

Aldrovanda vermehrt sich unter günstigen Kulturbedingungen von selbst. Die Pflanzen bilden vor allem im Sommer zahlreiche Seitentriebe und da sie gleichzeitig von hinten her absterben bekommt man auf diese Weise aus einer Pflanze durchaus 5-10 Stück. Sehr große Pflanzen bilden im Herbst teilweise auch zwei Turionen und aus großen Turionen können wiederum manchmal auch zwei separate Triebe erscheinen.
Eine vegetative Vermehrung über das Teilen von Pflanzen wäre vermutlich ebenfalls möglich.
In warmen Sommern und unter guten Kulturbedingungen kann Aldrovanda auch in Kultur zur Blüte kommen. Diese setzen dann nach Betäubung möglicherweise Samen an, die Samenkapsel selbst neigt sich unter Wasser, wo sie dann reift. 
Die Samen ähneln Dionaea Samen und werden im Wasser ausgesät.

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EIGENE ERFAHRUNGEN

Vor einigen Jahren, als ich nach einigem Suchen meine ersten Aldrovanda Pflanzen erhielt hatte ich einen riesengroßen Respekt vor der Kultur dieser Art. Aus der damals erhältlichen Fachliteratur ging mehr oder weniger deutlich hervor, dass diese Art praktisch nicht zu kultivieren sei.
Auch war Aldrovanda zu diesem Zeitpunkt nur spärlich in Kultur verbreitet, der Preis für die paar Pflänzchen aus japanischer sowie polnischer Abstammung war dementsprechend astronomisch hoch.

Zum Glück war gerade zu diesem Zeitpunkt wohl die Erkenntnis gekommen, dass es bei Aldrovanda eben nicht genügt, diese in destilliertem Wasser zu kultivieren, sondern, dass der Schlüssel zum Erfolg die Schaffung eines künstlichen Biotops war, welcher Aldrovanda die benötigte Umgebung bietet. 
Anfangs hatte ich noch einige Versuche gestartet mit verschiedenen Behältnissen, unterschiedlichen Begleitpflanzen und verschiedenen Standorten. Auch die CO2 Versorgung war damals als sehr wichtig angesehen worden und es waren einige technische Vorschläge zur CO2 Versorgung im Internet zu finden. Auch ich selber habe mal eine zeitlang regelmäßig in eins der Versuchsbecken gepustet.

Austritt von Sauerstoff am Sprossende

Mittlerweile hat sich bei mir herausgestellt, dass der von mir kultivierte japanische Klon keinerlei Aufmerksamkeit benötigt. Einmal im Frühjahr richte ich das Aquarium neu her und fülle es dann von zeit zu Zeit mit Regenwasser auf. Im Sommer befindet sich dann ein dicker Teppich aus Aldrovanda Pflanzen in diesem. Auch die Schnecken vermehren sich mehr oder weniger von selbst.

Interessant ist noch die Anekdote, dass mein Vater mal im Herbst eins meiner "leeren" Aldrovanda Aquarien unter den nächsten Baum geleert hatte (die wertlosen Binsen hatte er vorher noch rausgenommen) und die Turionen und Schnecken eine Herbstnacht mit ca. -7°C auf dem trockenen aushalten mussten.
Alle eingesammelten Turionen und Schnecken überstanden dies völlig problemlos.

Für mich ist Aldrovanda eine der am einfachsten zu kultivierenden Karnivoren überhaupt. Schon erstaunlich, wenn man bedenkt, was zu ihrer Kultur in den meisten Büchern zu finden ist. 

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QUELLEN

Carsten Dose (2001), Kulturtipps für Aldrovanda vesiculosa, Taublatt 41

Barthlott et al. (2004), Karnivoren

Diverse Autoren (1997), CPN 26/3

http://www.bestcarnivorousplants.com/aldrovanda/index.htm  (englisch) Ausgesprochen umfangreiche Seite zu Aldrovanda. Unbedingt lesenswert.

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Copyright (c) 2001-2004 Martin Reiner - letzte Aktualisierung 21.12.2004